Eine kurze Geschichte dazu:
«Ich habe meine besten Freunde zum Essen eingeladen und ein wirklich gutes Chili-con-Carne gekocht. Die Besucher sind begeistert und loben vor allem das zarte Fleisch. Was das denn sei, fragen sie, ganz frisches Kalbfleisch vielleicht? Ich antworte, dass ich am Vormittag extra auf einen Bauernhof gefahren bin, weil der Bauer dort für wenig Geld einen Wurf geschlachteter Welpen verkauft hätte. Ganz junge und zarte, grad mal 6 Wochen alt.
Erst schauen mich alle mit grossen Augen an, dann steht meine beste Freundin auf und rennt würgend ins Badezimmer. Den anderen steht das blanke Entsetzen ins Gesicht geschrieben.«
Natürlich ist diese Geschichte frei erfunden. Ich bin Vegetarier und in meinen Kochtöpfen oder Pfannen wird niemals ein Stück Fleisch landen.
Diese kleine Story zeigt, dass wir Hunde über alles lieben und sie nicht essen möchten. Sie gelten als «bester Freund des Menschen». Das geht inzwischen so weit, dass wir sie nach der neuesten (Hunde-)Mode gekleidet Gassi führen, ihnen das teuerste Futter kaufen und sie, zumindest einige, bei uns im Bett schlafen lassen. Kürzlich habe ich einen Laden gesehen, bei dem es nur Hundemode zu kaufen gibt – inklusive Umkleidekabinen.
Bei den Katzen sieht es ähnlich aus. Wir verehren sie als «Königinnen» und sie müssen nur leicht mit der Tatze winken und ihnen wird fast jeder Wunsch von den Augen abgelesen.
Kühe und Schweine dagegen werden von uns Menschen komplett missachtet, ausgebeutet und schliesslich getötet und aufgegessen. Dabei ist erwiesen, dass Schweine sogar noch intelligenter sind als Hunde, sie werden von uns aber nur als «Fleisch» angesehen.
Karnismus bezeichnet also die Tatsache, dass wir Tiere in «essbar» und «nicht essbar» einsortieren. Wobei das von Land zu Land oder Kontinent zu Kontinent verschieden sein kann. In China werden Hunde gegessen und in Indien sind die Kühe heilig.
Warum funktioniert das so? Was bringt uns Menschen dazu, einige Tierarten zu lieben und andere komplett zu missachten?
Die Psychologin Melanie Joy meint, das funktioniert, weil wir die Tiere, die wir essen, versachlichen, also schon lebend wie Objekte behandeln. Ausserdem bekommt kaum einer die Tiere in der Massentierhaltung zu Gesicht. Sie werden erst gesehen, wenn sie als Schnitzel in der Ladentheke oder als Braten auf dem Teller liegen. Dass das lebende und vor allem fühlende Lebewesen sind (oder in dem Fall eher «waren»), das blenden wir einfach aus. Wir denken bei den Nutztieren nicht an einzelne Lebewesen mit einer Persönlichkeit, sondern an eine anonyme Masse.
Ich bin mir sicher, müsste jeder Fleischesser seine Mahlzeit selber jagen und töten, wäre der Fleischkonsum deutlich geringer.
Karnismus hat also nichts mit logischen Argumenten zu tun. Menschen die Fleisch essen sind der Meinung, das sei normal, natürlich und notwendig.
Aber was ist eigentlich «normal»? Von Menschen gemachte Normen bezeichnen wir als normal. Aber diese Normen sind tatsächlich jederzeit veränderbar, die Geschichtsbücher sind voll davon. «Natürlichkeit» besteht in der heutigen Gesellschaft auch nicht mehr wirklich, wer hat schon noch einen richtigen, echten Bezug und ein Gespür dafür? Uns wird in den Läden alles geboten was wir brauchen (und noch viel mehr, das wir NICHT brauchen). Kaum einer baut sein eigenes Gemüse an oder geht auf die Jagd, wenn er Hunger hat.
Und dass man kein Fleisch braucht, um gesund zu bleiben, das ist inzwischen durch unzählige Studien belegt worden. Spannend ist in dieser Hinsicht, dass gerade unter Hochleistungssportlern zahlreiche Veganer zu finden sind.
Wer also KARNISMUS wirklich verstanden hat, wird sich leichten Herzens vom Tierleid verabschieden können, da bin ich mir sicher.